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Das Sachwertverfahren in der Immobilienbewertung

Die Frage, die sich viele Immobilieneigentümer mitunter am häufigsten stellen, lautet: Was ist mein Haus/meine Wohnung derzeit eigentlich wert? Viele Menschen bedienen sich dann an im Internet publizierten Annoncen und überschlagen grob für ihre eigene Immobilie. Das Problem dabei: Viele überschätzen ihre analytischen Fähigkeiten, denn die Schätzungen und Wunschvorstellungen gehen bei realen Kaufpreisverhandlungen oftmals weit auseinander. Es braucht also ein unabhängiges, objektives Verfahren zur Bestimmung des Immobilienwertes.

Inwiefern eignet sich dazu das Sachwertverfahren? Wir erläutern die Grundsätze dieser Methode und bewerten die Praktikabilität für reale Immobilienvermarktungen.

Sachwertverfahren – was muss ich darunter verstehen?

Grundsätzlich zählt das Sachwertverfahren zu den drei gesetzlich geregelten Wertermittlungsverfahren, die genauer in der ImmoWertV (§§ 21 bis 23) behandelt werden. Während bei vermieteten Objekten in der Regel das Ertragswertverfahren und das Vergleichswertverfahren für selbstbewohnte Immobilien angewandt wird, stellt das Sachwertverfahren vielfach andere Faktoren in den Mittelpunkt. Das Sachwertverfahren wird bei selbstgenutzten Immobilien vorwiegend eingesetzt, da es in der Regel an tatsächlichen Vergleichswerten für das Vergleichswertverfahren mangelt. Hat man etwa eine Reihenhaussiedlung mit vergleichbaren Flächen, kann das Vergleichswertverfahren angewandt werden. Sind Wohnsiedlungen jedoch individuell bebaut, so kann nur das Sachwertverfahren zum Einsatz kommen. Das Sachwertverfahren dient oftmals zur Wertermittlung von Immobilien, die nicht dem Mietmarkt zur Verfügung stehen – es geht also nicht primär um daraus potentiell erzielbare Reinerträge, sondern um eine Bewertung anhand der Herstellungs- bzw. Wiederbeschaffungskosten (Sachwert).

Merke: Das Sachwertverfahren ist komplexer als die beiden anderen Verfahren und kommt typischerweise bei selbstgenutzten Objekten wie Ein- oder Zweifamilienhäusern zum Einsatz. Die übergeordnete Frage lautet „Wie hoch sind die Kosten, die für einen Neubau aufgewendet werden müssen, wenn das bestehende Objekt ersetzt werden soll?“ Daran anschließend wird die Abnutzung des Gebäudes sowie weitere den Wert beeinflussende Faktoren wie etwa Modernisierungen berücksichtigt. Das Sachwertverfahren fokussiert sich auf die baulichen Anlagen, Grund und Boden werden durch ein Vergleichswertverfahren berücksichtigt.

Welche Ausprägungen existieren?

Bei der Ermittlung des Werts der baulichen Anlagen ist der sogenannte Baupreisindex zu berücksichtigen. Der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Baupreisindex erfasst die Konjunkturdaten am Bau (Destatis) und wird damit zum wichtigen Instrument im Sachwertverfahren. Die Entwicklung der Preise für den konventionell gefertigten Neubau werden für die Sachwertermittlung benötigt, um die Normalherstellungskosten an die Preisverhältnisse am Wertermittlungsstichtag anzupassen.

Es gibt im internationalen Vergleich differenzierte Verfahren, die sich nicht zwangsläufig miteinander vergleichen lassen. In Deutschland ist das Sachwertverfahren etwa stark durch ImmoWertV, Sachwertrichtlinie und BauGB normiert. Grundsätzlich werden aber drei Faktoren bei der Berechnung des Sachwertes herangezogen:

  1. Bodenrichtwert (Grundstückswert oder Wert des anteiligen Grundstücks)
  2. Herstellungskosten der baulichen Anlagen (Wohnung, Haus, Gewerbeobjekt)
  3. Herstellungskosten der baulichen Außenanlagen (Garagen, Wege, Gärten, etc.)


Die Problematik, die sich bei der Handhabung des Sachwertverfahrens grundsätzlich ergibt, lautet: „Wie können die tatsächlichen Herstellungskosten für ein bestimmtes Objekt sowie ein weit in der Vergangenheit liegendes Baujahr realistisch beziffert werden?“

Genau für solche Berechnungen gibt es die oben bereits genannte Sachwertrichtlinie, die klar nach Art und Qualität unterscheidet:

  • Keller vorhanden?
  • Dachgeschoss ausgebaut?
  • Außenwände, Dächer, Türen, Sanitäranlagen, Heizung etc. einzeln bewertet


Die Aufgabe des Gutachters ist es nun, aus all diesen Facetten und Faktoren die sog. „Regelherstellungskosten der Immobilie pro Flächeneinheit“ zu errechnen. Je nach Standard sowie Modernisierungsstand kommen hier höchst unterschiedliche Werte heraus, was aufzeigt, dass präzise oder zumindest annähernd solide Berechnungen stark von der Expertise und Erfahrung des Gutachters abhängen.

Weitere wichtige Faktoren, die es zum Sachwertverfahren zu wissen gilt

Der Sachwert der baulichen Anlagen bestimmt sich nach der Bruttogrundfläche des Gebäudes, dem Kostenkennwert der NHK 2010 (Normalherstellungskosten gem. Sachwertrichtlinie) je nach Gebäudetyp, dem Baupreisindex für Wohngebäude (Destatis), sowie einer anzurechnenden Nutzungs- bzw. Restnutzungsdauer eines Gebäudes. Je nach Bauart und Qualität des Gebäudes sind das in der Regel 70-80 Jahre an gesamter Nutzungsdauer. Modernisierungen der Gebäude im Laufe der Jahre führen zu einer Verlängerung der Nutzungsdauer, daher sind diese im Sachwertverfahren gesondert zu erfassen und auszuwerten.

Zu diesem Wert hinzuaddiert wird im Anschluss der Bodenwert, der sich aus der Grundstücksgröße (alternativ: Grundstücksanteil) – multipliziert mit dem jeweiligen Bodenrichtwert – ergibt. Zu dem Sachwert der baulichen Anlagen und dem Bodenwert wird in der Regel ein pauschaler Wertansatz für bauliche Außenanlagen und sonstiger Anlagen (Hausanschlüsse, Plattierungen, Gartenanlage u.a.) hinzugerechnet, um zum vorläufigen Sachwert zu gelangen.

Um die Unterschiede zwischen gefragten (städtischen) und weniger gefragten (ländlichen) Gebieten zu berücksichtigen, kennt die Sachwertrichtlinie den sog. Marktanpassungsfaktor. Somit hat der Gutachter die Möglichkeit, anhand der Werte des Gutachterausschusses eine individuelle Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten vorzunehmen. Abhängig davon, wie der vorläufige Sachwert sowie der real erzielte Wert vor Ort beieinanderliegen, wird ein Marktanpassungsfaktor errechnet. Die Multiplikation mit dem vorläufigen Sachwert führt uns im Ergebnis zum abschließenden Sachwert.

Fazit: Das Sachwertverfahren gibt eine realistische Sicht auf den objektiv feststellbaren Substanzwert einer Immobilie, bedarf jedoch eingehender Marktkenntnisse, um Marktanpassungsfaktoren auch marktgerecht anzuwenden.