Immobilienwertberechnung anhand des Ertragswertverfahrens: Auf die Mieteinnahmen kommt es an
Häufig stellt sich bei der Bewertung von Immobilie die Frage nach dem geeigneten Wertermittlungsverfahren, um einen realistischen Marktpreis zu berechnen. Während Methoden wie das Vergleichswertverfahren aufgrund einer Vielzahl an vorliegenden Daten einen sehr realistischen Eindruck vermitteln können, werden im Zuge des Ertragswertverfahrens vor allem Renditeobjekte und Anlageimmobilien bewertet – unter Berücksichtigung der Reinerträge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch dieses Objekt auf Dauer erwirtschaftet werden können.
Im Vordergrund stehen also Wertfaktoren, die Bauzustand und dergleichen nicht wesentlich gewichten, sondern die tatsächlich am Markt erzielbaren Miet- oder Pachtpreise. Wir informieren über die wesentlichen Eigenschaften dieses Ertragswertverfahrens und erläutern relevante Aspekte.
Wann kommt das Ertragswertverfahren in der Immobilienbewertung zum Einsatz?
Die Frage, die hier im Zentrum steht und beantwortet werden soll, lautet: Wie hoch ist der Ertrag (Rendite), der realistischerweise mit der betreffenden Immobilie erzielt werden kann? Daraus lässt sich logischerweise ableiten, dass insbesondere Gewerbeimmobilien sowie vermietete Wohnimmobilien Gegenstand des Ertragswertverfahrens sind – hier liegen schließlich belastbare, mitunter über viele Jahre gesicherte Angaben über erzielbare Mietpreise vor. Dieses Verfahren kann aber auch bei gemischten Wohn- und Gewerbeobjekten herangezogen werden.
Das Wichtigste: Beim Ertragswertverfahren werden grundsätzlich Aspekte hinsichtlich des Grundstücks sowie der baulichen Anlagen getrennt voneinander berücksichtigt. Dies basiert auf der Annahme, dass es sich beim Bodenwert um einen stabilen, konstanten Wert handelt, während es bei dem darauf errichteten Objekt insbesondere auf die Restnutzungsdauer ankommt.
Durch diese Trennung, die praktisch doch relevant ist, lässt sich der Ertragswert (Verkehrswert) bestimmen. Folgende Formel veranschaulicht die Wertermittlungsverfahren hinsichtlich des Gebäudeertragswertes:
Rohertrag (Jahresnettokaltmiete/ortsübliche Miete)
subtrahiert mit den Bewirtschaftungskosten
= Reinertrag des Grundstückes
subtrahiert mit der Bodenwertverzinsung (Bodenwert x Liegenschaftszins)
= Gebäudereinertrag
multipliziert mit dem Faktor X
= Gebäudeertragswert
Wenn wir von Bodenwert sprechen, ist damit stets der Wert eines unbebauten Grundstückes gemeint. Die Berechnungen basieren demnach auf dem amtlich bezifferten Bodenrichtwert.
Beispielrechnung: So könnte ein Ertragswertverfahren in der Praxis schematisch aussehen
Da beim Ertragswertverfahren ganz klare Faktoren bestimmt werden, aus denen Schlüsse hinsichtlich des Marktwertes gezogen werden, ist die Fehleranfälligkeit natürlich geringer als bei anderen Methoden der Immobilienbewertung. Hier zählen die reinen Zahlen, wie folgendes Beispiel veranschaulichen soll:
Faktor | Wert | Erläuterung | |
Grundstücksgröße | 600 m² | ||
Bodenrichtwert pro m² | 120 EUR | ||
Bodenwert | 72.000 EUR | Multiplikation aus Grundstücksgröße und Bodenrichtwert | |
Rohertrag | 30.000 EUR | ortsübliche Jahresmiete | |
- Bewirtschaftungskosten | 5.000 EUR | Mietausfälle, Instandhaltungsarbeiten, Abschreibung, Verwaltungstätigkeiten | |
= Reinertrag des Grundstücks | 25.000 EUR | ||
- Bodenwertverzinsung | 3.600 EUR | Multiplikation aus Bodenwert und Liegenschaftszins (hier 5 Prozent) | |
= Gebäudereinertrag | 21.400 EUR | ||
Vervielfältiger (Faktor) | 14 | Vervielfältiger auf Basis einer 25-jährigen Restnutzungsdauer | |
Gebäudeertragswert | 299.600 EUR | ||
vorläufiger Ertragswert | 371.600 EUR | Summe aus Bodenwert und Gebäudeertragswert | |
sonstige wertbeeinflussende Faktoren | - | 25.000 EUR | Wertmindernde Mängel, etc. |
Ertragswert (Verkehrswert) | 346.600 EUR |
Was gilt es noch zum Ertragswertverfahren zu wissen?
Wie die obige Beispielrechnung darstellt, werden alle relevanten Faktoren berücksichtigt und anhand bewährter Rechenmuster zusammengetragen. Bei den Bewirtschaftungskosten sind beispielsweise all jene Kosten enthalten, die nicht umlagefähig auf Mieter sind sowie potentielle Risiken (Mietausfälle, etc.) darstellen. Der Liegenschaftszins wird hingegen aus realen Kaufpreisen ermittelt, die durch den Gutachterausschuss genutzt werden. Weitere Faktoren, wie etwa längerfristige Mietbindungen oder fehlende Instandhaltungsrücklagen, führen zu Minderungen oder Erhöhungen in diesem Faktor.
Kurzum: Das Ertragswertverfahren eignet sich in erster Linie zur Bewertung von Immobilien, die der Kapitalanlage dienen. Je genauer der Immobiliengutachter den Markt kennt und somit Faktoren realistisch bewerten kann, desto höher liegt der Aussagewert dieses somit berechneten Verkehrswertes.
Bei Interesse an derartigen Objekten empfiehlt es sich stets, die Expertise eines externen Beraters mit einzubeziehen. Viele Marktmechanismen sind Laien nicht bekannt, auch fehlt ein realistischer Blick auf Marktentwicklungen und gegenwärtige Trends. Das Ertragswertverfahren stellt somit aber eine adäquate, weil an real erzielbaren Mieten errechnete Methode der Immobilienbewertung dar – mit den naturgemäßen Einschränkungen durch die fehlende Gewichtung anderer Faktoren.